Notfall Wundversorgung

  • Wenden wir uns realistischen Szenarios zu, bei der man auch auf Material (keine Medizinprodukte) zugreifen kann.

    Aus einem längeren Stock (ca. Körperlänge), Durchmesser ungefähr 2 Finger, mit einer Astgabel, kann man eine Krücke herstellen.

    Eine Krücke ist sehr dienlich bei Verstauchungen der Knöchel oder Beinbruch.


    Dünne Äste und irgendwas zum verschnüren, kann man zum schienen oder einfach Ruhigstellen von Arm/Bein hernehmen.


    Aus einem Gürtel, Dreiecktuch oder Unterhose / Sporthose (am besten shorts) kann man ein improvisiertes Tourniquet basteln.

    Beim anlegen von TQ´s muss man aber die Möglichkeiten der Folgebehandlung mit einbeziehen.


    Aus Stoffstreifen, gemacht auch Bekleidung (T-Shirt, Hemd ect.) kann man einen Verband zurechtschneiden, Das ganze sollte möglichst sauber sein.


    Mittels Axt/Säge/Messer kann man amputieren (ua. bei Kälteschäden von Zehen / Finger)und mittels Feuer kauterisieren.

  • Ich bin nun 9 Jahre aktive Rettungsdienstlerin ...7 davon als Hauptjob, seit Kind noch 2-3x im Monat.

    Meine Kenntnisse sind daher gut und in völlig unvorhergesehenen Situationen bin ich nicht wirklich gestresst. Das ist eben bei uns der Normalfall. Auch wenns dann mal für Laien heftig aussieht.

    Wovon ich abrate sind Ideen wie ein Tourniquet. Lasst es...falls wer ne Vorstellung möchte warum bitte mal mit nem Gürtel oder ähnlichem einfach mal das Bein abbinden. Das sind nach 60 Sekunden Schmerzen (habs getestet) und auch wir verwenden das mit nahezu sofortiger Verwendung von Narkose und ordentlich hochpotentem Schmerzmittel. Da ist auch Morphium nicht stark genug. (Schmerz schlägt Narkose).

    Druckverband ist da besser wenn man ihn richtig angelegt. Das ist dafür 'nur' Übungssache.

    Bei Medikamenten habe ich eine Auswahl an Erkältungs-, Schmerz-, Durchfall- , Übelkeits- und Fiebermedikamenten, sowie Elektrolytersatz.

    Dazu natürlich Verbandssachen, Desinfektion und einem manuellen Blutdruckmessgerät.

    Bei manchen Dingen stimme ich Carpo zu das man aus gegebenen Sachen auch noch was machen kann. Manchmal hilft nur Kreativität um fehlendes zu ersetzen.


    Wichtig ist die Erkenntnis das gegen manche Dinge in einer Krise nichts getan werden kann. Diesen Menschen kann man dann leider nicht wirklich helfen. Viele Medikamente dafür stehen uns nicht zur Verfügung und selbst wenn wäre ohne klinische Betreuung sinnlos.

  • Wovon ich abrate sind Ideen wie ein Tourniquet. Lasst es...

    Damit stehst du gegenüber der SOPs (Standard Operating Procedures) aller NATO Armeen, der

    Handlungsempfehlung des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Notfallmedizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, S-3 Leitlinien Polytrauma, ITLS, PHTLS, TraumaManagment.

    Nicht umsonst ist in den letzten Jahren das TQ als fester Bestandteil auf RTW´s, NAW´s, NEFs, Streifenwagen der Polizei, SEG´s (Schnelleinsatzgruppen von Rot Kreutz ect,pp), Feuerwehrfahrzeugen, Bergwacht, betriebsarztlichen Dienststellen, IFAKs von Waldarbeitern, Polizisten, Soldaten gekommen.


    Fakt ist, Tourniquets retten Leben (auch ohne analgesie /schmerzlinderung)


    Und es ist beileibe nicht so, man macht ein TQ rum, und das war es.

    Sondern nach anlegen des TQ´s, wird ein Druckverband angelegt und das TQ wieder geöffnet.

    Diese 5min hält man ohne Problem auch ohne Schmerzmittel aus (muss ich aus dienstlichen Gründen alle paar Monate machen).


    Ein TQ hat man in 20-30sek so angelegt (wenn geübt), dass da kein Tropfen Roter Saft mehr rausläuft.

    Das schafft niemand mit einem Druckverband (die meisten benötigen ja schon diese Zeitspanne um den Verband aus der Verpackung zu kriegen).


    Edit:

    Evtl. sag den einen oder anderen die Ulmer Trauma Box was (nicht verwechseln mit dem Ulmer Koffer)

    https://www.deutsche-traumastiftung.de/ulmer-traumabox/

    Da ist ein TQ und eine Emergncy Bandage drinnen. Das ganze für Laienhelfer.

    Die Boxen kommen immer mehr zur Aufstellung.


    In der EH Breitenausbildung wurde auch über Einführung der Anwendung des TQ´s diskutiert, das Problem ist aber, dass der EH Kurs deutlichst abgespeckt wurde und eigentlich für die Stundenzahl von 8 "Schulstunden" a 45min zuviel Inhalt hat.


    https://www.rettungsdienst.de/…uer-die-erste-hilfe-61489


    https://www.dguv.de/medien/fb-…esondere_blutstillung.pdf


    https://biermann-medizin.de/bl…ensrettern/?cn-reloaded=1

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  • Du verstehst da was falsch...wenn das jemand tut der das ständig macht dann natürlich. Wenn es ein Laie tut weil er denkt das ist das Mittel der Wahl weil er es irgendwo gesehen hat dann ist es keine Hilfe sondern läuft in die falsche Richtung. Da ich davon ausgehen muss das du selbst weisst was du kannst und vielleicht auch Laien sich die Frage stellen beantworte ich sie für letztere.


    Da im Normalfall mancher so gestresst ist das er nicht mal eine Herz-Lungen-Wiederbelebung (nur Brustkorbkompression) hin bekommt würde ich aus dem Praxisalltag sagen da hilft auch das beste Tourniquet nichts. Braucht man das darf davon auszugehen sein das viele vielleicht schon an eine Grenze kommen mit dem was sie sehen UND mit dem eventuell gesehenen Unfallhergang. Plus je nach Lage, Hergang und Wetter riecht das gerne auch mal. Nach viel erlebtem (Bahn, Erntemaschinen,Autobahn) darf ich ehrlich sagen das die meisten gerne gaffen, wenn überhaupt, aber nicht unbedingt da hin gehen oder das anfassen würden.

    Kann er das alles verarbeiten dann ist er entweder eh vom Fach oder das Opfer hat echtes Glück.

    Mir hilft auch ein Imbubeutel und ein Larynxtubus weil es es nicht schwer in der Anwendung ist aber ein nervöser ungeübter der das einmal gesehen hat oder an einer Puppe gemacht hat? Zugang legen..kein Hexenwerk aber muss man geübt sein für schlechtere periphäre Venenlage...

    Das ist auf was ich hinaus will...hilft kein mega Equipment wenn man am Ende in der Situation unsicher ist in der Handhabung. Für jeden der sich damit sicher fühlt...natürlich.

    Selbstüberschätzung hilft keinem sondern eine ehrliche Einschätzung seiner selbst und seiner Fähigkeiten!

  • Sorry, aber ich muss da widersprechen.


    Die Anwendung eines TQ´s kann man jemanden, der nicht nur den IQ von verschimmelten Brot hat, innerhalb einer Stunde erklären/beibringen. Macht die Bundeswehr während ihrem EEH A (Einsatzersthelfer Alpha) nicht anders (und hat in AFG einigen Kameraden das Leben gerettet).

    Wer also nicht in der Lage ist, ein TQ richtig anzuwenden (nach Einweisung), wird mit Sicherheit keinen Druckverband (mit Kfz Verbandkastenmüll) hin kriegen, der wirksam ist. Mit dezidierten Emergency Bandages sieht es da wieder anders aus. Schnell erklärt und weitaus effizienter als normale Verbandpäckchen.


    Der grosse Vorteil eines TQ´s ist eben das schnelle Abbinden und damit augenblickliches Stoppen der Blutung, das ganze dauert bei einem Geübten 20-30sek. Und dann war es das mit spritzendem Blut. Jetzt kann der Helfer erstmal locker eine Zigarette rauchen und runterkommen, bis er einen Druckverband anlegt. Oder er wartet noch weitere 10min, dann kommt der RTW und die machen die weitere Versorgung (in Friedenszeiten).

    Lernen kann (konnte) man das als Laie


    https://wmm.pic-mediaserver.de…2_wmm202002_S77_Schneider


    https://wehrmed.de/humanmedizi…iren-poster-abstract.html


    dieses Jahr sind die Ausbildungen Corona bedingt ausgefallen.

    Wenn es gut geht, wird es nächstes Jahr, welche geben.




    Bei meinem ITLS Basic Lehrgang (ist mehr als 10 Jahre her) war die Zeitspanne noch kürzer (ok, da waren/sind nur Rettungsdienstler dabei).


    Es gibt da eine Studie über TQ´s aus Israel.

    Bei 1100 untersuchten Fällen waren 50% der gelegten TQ´s nicht indiziert , bei den anderen 50% schon.

    Aber bei keinem einzigem der 50% der Fälle, wo man kein TQ gebraucht hätte, gab es Folgeschäden.


    Du kannst gerne davon abraten, nur die Realität sieht anders aus (siehe Links, welche ich gepostet hatte).

    Die Stellen, die vor 10 Jahren es noch als Kriegsgerät eingestuft hatten, sehen mittlerweile eben das Patientenwohl mit höherer Priorität an, als ein Medizinprodukt, welches auf dem Schlachtfeld erprobt ist.


    Edit:

    wer des englischen mächtig ist

    https://www.stopthebleed.org/resources-poster-booklet

  • Noch ein kleines Beispiel von Kritik durch Rettungsdienstler:

    Ende der 90iger kamen die ersten AED´s ( Automatisierten Externen Defibrillatoren) auf die RTW´s.


    Der Einsatz war zuerst auf die Notärzte beschränkt, in U-Bahnen aber zur selben Zeit schon für Laienhelfer ohne jegliche Ausbildung vorgesehen.

    Kurze Zeit später, dürfte dann auch das Nichtärztliche Personal die AED´s bedienen, natürlich musste man vorher eine Einweisung erhalten, weil ein Medizinprodukt.


    Viele "altgediente" Rettungsassistenten sahen, die Nutzung von AEDs durch Laienhelfer sehr kritisch.

    Und das ganze eben aus Unkenntnis der Funktionsweise eines AEDs, bzw. Neid.

    Nichts anders ist es beim TQ (selbst erlebt vor mehr als 10 Jahren)


    Ich hatte z.b. bevor ich mit dem RettSan anfing, EH Trainings mit AED´s. Trotzdem hätte ich den selben AED der im RTW war, nicht benutzen dürfen, da keine "Einweisung" gemäß Vorgabe Medizinproduktegesetz.

    Jetzt 20 Jahre später, ist es ganz selbstverständlich, dass AED´s rumhängen und Laienhelfer diesen im Fall der Fälle bedienen.


    Ich habe ja das Glück, dass mir mein Arbeitgeber einen AED als Dienstausrüstung zur Verfügung stellt, welche ich auch Privat nutzen dürfte (liegt immer im Kfz).

  • Nun wenn du das so siehst dann ist das so. Ich sehe es anders. Vielleicht auch durch die Erfahrung in der sich zeigt das Menschen durch Stress auch einfachste Dinge oft nicht mehr können.

    Sonst müsste keiner zur Reanimation angeleitet werden bis die Rettung kommt und ganz allgemein wären viele nicht so gestresst weil der EH Kurs so lange her ist wenn mal das Wissen gefordert ist. Das ist nicht abwertend gemeint sondern einfach so.

    Wie gesagt jeder der sich wohl damit fühlt kann sich das doch bevorraten aber man sollte sicher auch mal über Plan B nachdenken. Du gehst davon aus das jeder das ganz leicht hin bekommt obwohl du schon sagtest das es schon kritisch ist beim Verband die Verpackung zu öffnen...

    Die meisten (tippe ich) die Fragen was man so alles braucht sind Laien. Der medizinisch geübte oder ausgebildete Mensch weiss es in der Regel und auch was er anwenden kann.

    Wie gesagt... Jeder kann, keiner muss.

    Da gibt es nicht den einen goldenen Weg und nur einen der Recht hat.

  • Vielleicht auch durch die Erfahrung in der sich zeigt das Menschen durch Stress auch einfachste Dinge oft nicht mehr können.

    Da gebe ich dir auch Recht.

    Nur ein TQ anlegen ist einfacher anzulegen, als ein Druckverband.

    Du gehst davon aus das jeder das ganz leicht hin bekommt

    Nein, gehe ich nicht, in Hochstressphasen sind viele Menschen eben nicht in der Lage komplexe Handlungen durchzuführen.

    Und ein TQ anlegen, schaffen viele schneller als einen sauberen Druckverband. Das ist meine Erfahrung während der Durchführungen von Ausbildungen im Bereich TVV (Taktische Verwundeten Versorgung).


    Und die Erfahrung (aus anderen Ländern und dem Militär)sagen auch ganz klar, das ein TQ für den Laienhelfer ein sinnvolles Tool ist.

    Und nicht nur ich, sehe dass so, sondern eben auch einige wirklich kompetente Vereinigungen (links hatte ich schon gebracht).

    Und die haben mit Sicherheit, weitaus mehr Erfahrung, Hintergrundwissen, Studien zur Verfügung, als ich.


    Nimm dir doch einfach mal die Zeit und lese die Artikel durch, welche ich gepostet habe und gehe mit einem Open Mind ran.


    Edit:

    Übrigens gab es mal eine Zeit, da war ein TQ (Schlagader Abbindegerät) Bestandteil des Kfz Verbandskasten (so bis um ca. 1970).

    http://drk-ddr.de/page.php?v=1120703

    Hier mal aus der DDR, im Westen gab es das aber auch.

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  • Hm vielleicht solltest du auch Open Minded ran gehen. Studien sind eine tolle Sache. Gibt auch welche über das Outcome einer guten HLW und das es für jeden leicht lernbar und beherrschbar ist. Die Praxis zeigt anderes eben weil man es zu wenig übt. Am Ende stolpert man noch über das Problem das man ein Familienmitglied da liegen hat.

    ich glaube nicht das es ein schlechtes Equipment ist aber wie oft geht man noch zum EH Kurs nach dem Führerschein? Wie oft muss man es in echt man tun? Du bist sehr auf Studien aus und das ist super aber ich gehe weg vom Papierkrieg und in die Praxis.

    Selbst Notärzte und Rettungsassistenten/Notfallsanitäter(!!) machen manches so selten das sie es manchmal nur aus der Theorie/Übungspuppe her kennen.


    Aber wie schon gesagt jeder sollte doch das tun was ihm am besten in der Situation passt. Nicht was die Studie sagt denn die hilft einem in der Ausführung nicht. Selbst wir im Rettungsdienst legen ein TQ übrigens selten an. Meist nur zum Training und das ist wie jede Übungskünstlichkeit nicht so wie im Einsatz. Jeder erinnert sich da sicher an die tollen HLW Puppen im EH Kurs.


    Ich denke nicht das es ein falscher Ansatz ist das man neben tollen Studien und 'das machen Militär, SEK und Konsorten' Aussagen auch mal ne andere Seite beleuchtet. Wenn alles so einfach wäre, dann gäbe es keine Spezialisten und jeder könnte jeden Beruf machen.